Lymphangiome
Vaskuläre Malformationen sind angeborene, gutartige Gefäßfehlbildungen. Es handelt sich um einen Überbegriff, denn jedes Gefäßsystem des Körpers (Venen, Arterien und Lymphgefäße) kann davon betroffen sein. Je nachdem welches Gefäßsystem betroffen ist, erhält die Malformation ihren Namen. Und tatsächlich findet man auch viele Mischformen. Vaskuläre Malformationen entstehen sehr früh in der embryologischen Entwicklung des Kindes. Meist sind sie Ergebnis von spontan auftretenden kleinen Genfehlern.
Die Gefäßmalformationen können an allen Körperstellen entstehen und sind manchmal bei Geburt schon sichtbar. Es kann aber auch erst zu einem späteren Zeitpunkt, häufig in der Pubertät, nach Infektionen oder Traumata (zum Beispiel einer Prellung), zu Symptomen und Auffälligkeiten kommen. Dann wird die Diagnose erst spät gestellt, obwohl die Erkrankung schon immer vorhanden war.
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Auftreten und Eigenschaften vaskulärer Malformationen
Eine weitere, klinisch relevante Eigenschaft vaskulärer Malformationen ist ihr Flusscharakter. Es gibt Niederfluss-Läsionen (sog. Low- oder No-Flow-Malformationen) dazu gehören lymphatische Malformationen (Lymphangiome), kapilläre Malformationen und venöse Malformationen. Im Gegensatz dazu, und von Low-flow leicht abzugrenzen, sind Hochfluss-Läsionen (sog. High Flow-Malformationen) wie arterielle, arterio-venöse Malformationen und Fisteln.
Etwa 40% der vaskulären Malformationen sind im Kopf-Halsbereich lokalisiert. Wichtig ist die Abgrenzung zu den Gefäßtumoren, zum Beispiel den Hämangiomen (Blutschwämmchen), die eine ganz andere Erkrankung darstellen, einen anderen Verlauf zeigen und einer anderen Therapie bedürfen.
Vaskuläre Malformationen können klein und unauffällig sein. Aber sie können auch sehr groß werden und Symptome verursachen wie Schmerzen, Druckgefühl oder Blutungen. Zusätzlich, gerade im Gesichts- und Kopfbereich, spielen funktionelle Einschränkungen und nicht zuletzt die Kosmetik eine große Rolle. Veränderungen an Knochen, zum Beispiel des Kiefers, können Einfluss auf die Kaufähigkeit und das Aussehen haben.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Die Therapiemöglichkeiten sind vielseitig und ganz individuell bei jedem Patienten abzuwägen. Für die Behandlung von vaskulären Malformationen ist sehr wichtig, dass eine breitgefächerte, interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen verschiedensten Fachgruppen etabliert ist. Interventionelle Radiologen, Kinderchirurgen, Kinderärzte, Hautärzte, Gefäßchirurgen, Kieferchirurgen, HNO-Ärzte und anderen Spezialisten müssen eng zusammenarbeiten. Sklerosierung, Embolisierung, operative Entfernung, Lasertherapie und auch medikamentöse Therapien kommen einzeln und in Kombination zum Einsatz.
Kapilläre Malformationen
Bei den kapillären Malformationen ist das Feuermal oder Port-Wine-Stain, medizinisch Naevus flammaeus, die häufigste Form. Sie ist schon bei Geburt vorhanden und fällt mit einer meist zartrosa bis hellroter Hautfärbung auf. Nicht immer ist die Abgrenzung zu einem Hämangiom in den ersten Lebenstagen eindeutig möglich.
Das Feuermal wächst in dem Sinne nicht, sondern verändert seine Färbung und Dicke der Haut im Laufe des Lebens. Diese Verdickung (Bindegewebshypertrophie) kann, besonders im Gesicht, kosmetisch sehr störend sein.
Sind die Feuermale im Schläfenbereich des Gesichtes, sollte immer an ein Sturge-Weber-Syndrom gedacht werden. Da dieses Syndrom mit einem Glaukom (erhöhter Augeninndruck) und Gefäßfehlbildungen an den Hirnhäuten vergesellschaftet ist, muss das abgeklärt werden.
Für das Feuermal steht therapeutisch der Farbstofflaser (Wellenlänge 595 nm) im Mittelpunkt. Ziel ist, die Rotfärbung zu mindern und unauffälliger zu machen, zudem die Hautverdickung zu verhindern. Dafür wird eher ein früher Therapiebeginn empfohlen. Die Laserung bei kleinen Kindern muss in Narkose erfolgen. Jugendliche und Erwachsene können, je nach Größe des Naevus flammaeus, auch eine Behandlung ohne Vollnarkose erwägen. Es ist jedoch etwas schmerzhaft, trotz Anwendung lokal betäubender Creme.
Die Besonderheit des Farbstofflasers ist, dass er eine geringe Eindringtiefe hat, und den roten Blutfarbstoff Hämoglobin absorbiert. Das führt zum Platzen der roten Blutkörperchen und der Kapillaren. Daher kommt es unmittelbar nach der Laserbehandlung erstmal zu einer Verstärkung der Rötung und auch Schwellung, die nach ca. 5-8 Tagen wieder verschwindet.
Arterio-Venöse Malformation (AVM)
Bei der arterio-venösen Malformation ist, wie eingangs beschrieben, das arterielle und venöse Gefäßsystem betroffen. Während der embryonalen Entwicklung entstehen Kurzschlüsse (Fisteln) zwischen Arterien und Venen. Dadurch bildet sich ein Geflecht von kleinsten und kleinen Gefäßen aus, über die unterschiedlich große Blutmengen fließen. Der Blutfluss kann Auswirkungen auf den Kreislauf haben und das Herz mit der Zeit überlasten.
Arterio-Venöse Malformationen fallen oft durch Schmerzen und Schwellung auf, die pulsieren oder beim Handauflegen „schwirren“. Aufgrund der Mitbeteiligung von Arterien können auftretende Blutungen manchmal lebensbedrohlich werden.
Die Behandlung von arterio-venösen Malformationen ist oftmals schwierig. Auch hier ist das interdisziplinäre Zusammenarbeiten essentiell. Interventionelle Radiologen können Embolisationen durchführen. Hierfür ist eine Vollnarkose notwendig. Unter Röntgenkontrolle wird ein Katheter bis zur AV-Malformation vorgeschoben und es wird versucht den Kern („Nidus“) der Malformation mittels Spiralen oder kleinen Partikeln zu verschließen. Dieser Vorgang kann auch vor einem chirurgischen Eingriff erfolgen und den Erfolg der Operation verbessern.
Venöse Malformationen
Bei Venösen Malformationen (VM) ist das venöse Gefäßsystem betroffen. Bei dieser angeborenen Fehlbildung sind die betroffenen Venenwände nicht normal ausgebildet. Dadurch sind die Venen meist erweitert und schlaffer. Daher funktionieren diese Gefäße nicht wie gesunde Venen. Dieses Phänomen kann sich auch sehr langsam entwickeln und daher werden venöse Malformationen manchmal erst nach einigen Jahren sichtbar oder spürbar. Dann treten sie als unklare, weiche Schwellung hervor. Ist die Lokalisation tiefer gelegen im Körper, zum Beispiel in der Muskulatur, dann sind die ersten Symptome Schmerzen bei Kraftanstrengung des betroffenen Armes oder Beines. Im Kopf- und Halsbereich kann eine venöse Malformation zu deutlichen Einschränkung mancher Funktionen führen. Typisch für venöse Malformationen ist eine Größenzunahme bei Kopf-Tief-Haltung oder Pressen.
Auch hier wird die Sklerosierungstherapie wie bei lymphatischen Malformationen angewandt. Manchmal kann direkt durch die Haut punktiert werden und das Sklerosierungsmittel gespritzt werden. Oft wird dieses Verfahren auch in Kombination mit einer Operation genutzt. Durch die Kombination mit der Sklerosierung, kann man den Blutverlust in der Operation verringern und das betroffene Gewebe leichter abgrenzen. Zusätzlich kann bei venösen Malformationen auch die Lasertherapie ein helfender Stützpfeiler sein. Mit einem Nd:YAG Laser kann man die Laserfaser in die venöse Malformation einbringen und eine ähnliche Reaktion wie beim Sklerosieren erzeugen. Farbveränderungen an der Oberfläche der Haut können sehr gut mit einem Farbstofflaser verbessert werden.
Lymphatische Malformationen
Bei den Lymphatischen Malformationen (oft auch Lymphangiom genannt) sind die Lymphbahnen krankhaft verändert.
Mehr als die Hälfte aller lymphatischen Malformationen sind schon bei Geburt sichtbar. Bis zum ersten Lebensjahr machen sich über 80% dieser bemerkbar. Den Eltern fällt meist eine weiche Schwellung auf, die oft mit dem Wachstum des Kindes proportional an Größe zunimmt, aber auch in kurzer Zeit enorm anschwellen kann.
Eine typische und häufige Lokalisation liegt im Halsbereich (Lymphangiome colli). Gerade dort bilden sich oft große, mit Lymphe gefüllte, Zysten. Anders als zum Beispiel bei Hämangiomen zeigen lymphatische Malformationen keine spontane Rückbildungstendenz.
Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal einer lymphatischen Malformation ist, ob sie mehrheitlich aus großen oder kleinen Zysten besteht. Die Struktur einer lymphatischen Malformation hat großen Einfluss auf die Behandlungsmöglichkeiten.
Therapeutische Möglichkeiten sind vielseitig und, wie oben erwähnt, abhängig von der Struktur der lymphatischen Malformation. Eine operative Resektion ist oftmals möglich, aber die vollständige Entfernung meist nicht, so dass es zu einem Wiederauftreten kommen kann. Wichtiger Baustein in der Therapie ist das Sklerosierungsverfahren. In die Zysten werden Substanzen gespritzt, die eine gewünschte Entzündungsreaktion hervorrufen. Begleiterscheinungen wie Fieber, Schwellungen und Hautrötung sind für den Therapieerfolg notwendig. Damit wird erreicht, dass die Zystenwände miteinander verkleben und schrumpfen. Dadurch wird der Umfang der lymphatischen Malformation deutlich verringert, in manchen Fällen verschwinden sie sogar. Häufig benutzte Substanzen für die Sklerosierung sind OK 432 (Picibanil = inaktivierte Bakterienbestandteile eines Streptococcus pyogenes), Doxycyclin, Bleomycin oder Alkohole. Ein ähnlicher Effekt kann durch eine Laserbehandlung im Zystengewebe erreicht werden. Bei all diesen Therapieoptionen ist bei Kindern eine Vollnarkose notwendig.